Explosion in Beirut: Libanons Regierungsbildung erschwert sich

Explosion in Beirut, gewaltsame Proteste, Rücktritt des Kabinetts: Der Libanon befindet sich in einer verheerenden Lage. Wegen der Krise drängt die Zeit, schnell eine neue Regierung zu bilden.

Beirut (dpa) - Nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut suchen Rettungsteams noch immer nach Opfern der Katastrophe. Das libanesische Gesundheitsministerium meldete am Dienstag, es würden weiterhin rund 20 Menschen vermisst. Die Zahl der Toten stieg demnach auf über 160. Rund 6000 Menschen wurden verletzt. Das Land am Mittelmeer befindet sich nach der Detonation und dem Rücktritt der Regierung in einer schweren inneren Krise.

Präsident muss mit allen Blöcken sprechen

Präsident Michel Aoun muss nach dem Aus der Regierung mit den wichtigsten politischen Blöcken über einen Nachfolger verhandeln. Wegen starker Interessengegensätze hat es im Libanon oft lange gedauert, politische Spitzenämter zu besetzen. Wegen der schweren Wirtschaftskrise, der Corona-Pandemie und den Folgen der Detonation ist der Druck jedoch groß, schnell eine Einigung zu finden

Als Reaktion auf die Explosion und gewaltsame Proteste gegen die Regierung hatte Premier Hassan Diab am 10,. August den Rücktritt seines Kabinetts erklärt. Viele Libanesen geben seiner Regierung die Schuld an der Explosion. Diab erklärte, verantwortlich für die gewaltige Detonation sei die „chronische Korruption“ im Libanon. Ausgelöst worden sein soll sie durch große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat, die im Hafen gelagert worden war.

Zur Diskussion stehen libanesischen Medien zufolge unter anderem eine „Regierung der nationalen“ Einheit und eine „neutrale Regierung“ unabhängig von den Parteien. Als Ministerpräsident wird unter anderem der Jurist und Diplomat Nawaf Salman gehandelt. Der 66-Jährige ist Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag.

Hisbollah bereitet viele Probleme

Eine zentrale Rolle wird die Iran-treue Hisbollah spielen, gegen die im Libanon kaum regiert werden kann. Sie besitzt eine eigene Miliz und bildet so etwas wie einen Staat im Staate. Die Hisbollah ist mit Präsident Aoun verbündet und unterstützt auch Diabs Regierung.

Das Land kann sich wegen der großen Not kein langes Machtvakuum leisten. Schon vor der Explosion haben die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise und die Corona-Pandemie viele Libanesen in die Armut getrieben. Weil ein Staatsbankrott droht, laufen Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds IWF über ein Rettungsprogramm.

Viele Libanesen verlangen weitgehende politische Reformen. Sie kritisieren, dass sich im Land nichts ändern wird, solange im Hintergrund die alte politische Elite an der Macht bleibt. Auch aus dem Ausland kommen Rufe nach Veränderung. Am Mittwoch reist Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nach Beirut, um dem Land Hilfe zuzusichern und für politische Reformen zu werben.

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