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HateAid gegen Hass im Netz
© Soeren Stache/dpa
Die Geschäftsführerin von HateAid, einer Hilfsorganisation gegen Hass im Internet, Anna-Lena von Hodenberg, und ihre Kollegin Josephine Ballon sind von der US-Regierung wegen Zensur-Vorwürfen mit Einreiseverboten belegt worden.
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Bundesregierung: US-Sanktionen gegen HateAid inakzeptabel

Die Regierung von US-Präsident Trump wirft «Ideologen in Europa» Zensur vor und verhängt Einreiseverbote gegen Gruppen, die sich gegen Hass im Netz einsetzen. Aus Deutschland kommen klare Reaktionen.

Veröffentlicht: Mittwoch, 24.12.2025 11:31

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Kampf gegen Hass im Netz

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Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat Zensur-Vorwürfe der US-Regierung zurückgewiesen und Einreiseverbote gegen die Geschäftsführerinnen der gegen Hass im Internet eintretenden deutschen Beratungsstelle HateAid als inakzeptabel kritisiert. «Nach welchen Regeln wir in Deutschland und in Europa im digitalen Raum leben wollen, wird nicht in Washington entschieden», erklärte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) in Berlin. Außenminister Johann Wadephul (CDU) nannte die Einreiseverbote nicht akzeptabel. 

Wadephul schrieb auf der Plattform X, der von der US-Regierung scharf attackierte Digital Services Act (DSA), mit dem Online-Plattformen in der EU reguliert werden, stelle sicher, «dass alles, was offline illegal ist, auch online illegal ist». 

Der DSA sei von der Europäischen Union für die EU demokratisch beschlossen worden, er wirke nicht extraterritorial, betonte Wadephul. «Andere Auffassungen wollen wir mit den USA grundsätzlich im transatlantischen Dialog klären, um unsere Partnerschaft zu stärken», fügte er hinzu. 

HateAid spricht von «Akt der Repression»

Die US-Regierung hatte die Einreiseverbote gegen die HateAid-Geschäftsführerinnen Josephine Ballon und Anna-Lena von Hodenberg ebenso wie gegen drei andere Europäer mit angeblicher Zensur von US-Online-Plattformen begründet. Ballon und von Hodenberg sprachen in einer ersten Reaktion von einem «Akt der Repression».

Vom Einreiseverbot ist auch der frühere französische EU-Kommissar Thierry Breton betroffen, der als einer der Architekten des Digital Services Act gilt. Das Gesetzespaket und dessen praktische Anwendung - im Fall der Plattform X von US-Außenminister Marco Rubio als «Attacke auf alle amerikanischen Tech-Plattformen und das amerikanische Volk durch ausländische Regierungen» bezeichnet - soll verhindern, dass im Internet ein rechtsfreier Raum entsteht.

Breton verglich die US-Sanktionen mit der «Hexenjagd» auf vermeintliche Kommunisten zu Zeiten der berüchtigten McCarthy-Ära in den USA, in der viele Menschen zu Unrecht ins Visier der Staatsgewalt gerieten. Auf der Plattform X schrieb er: «An unsere amerikanischen Freunde: Die Zensur findet nicht dort statt, wo ihr sie wähnt.»

US-Regierung sind EU-Digitalgesetze ein Dorn im Auge

Die US-Regierung fordert seit längerem Änderungen an den strengen EU-Digitalgesetzen, die zum Beispiel die Verbreitung von Falschinformationen über Plattformen wie X verhindern sollen und auch Unternehmen wie Amazon, Apple und Meta (Facebook), Alphabet (Google) und Microsoft betreffen. Die EU-Kommission betont immer wieder, dass diese nur einen fairen Wettbewerb und den Schutz von Kindern und demokratischen Wahlen garantieren sollen. Vorwürfe, dass etwa das Gesetz über digitale Dienste (DSA) der EU ein Zensurinstrument sei, hätten keinerlei Grundlage.

Konkret verpflichtet es Plattformen beispielsweise dazu, einfache Verfahren zum Melden illegaler Inhalte, Waren oder Dienstleistungen anzubieten. Zudem müssen sie Maßnahmen ergreifen, um Minderjährige vor Glücksspielen oder Pornografie zu schützen.

Französischer Außenminister: Völker Europas sind frei und souverän

Sowohl Breton als auch die französische Regierung erinnerten daran, dass der Digital Services Act vom EU-Parlament und allen Mitgliedstaaten mit großer demokratischer Mehrheit beschlossen worden sei. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot schrieb auf X: «Die Völker Europas sind frei und souverän und lassen sich von anderen keine Regeln für ihren digitalen Raum aufzwingen.» Er betonte, das europäische Gesetz finde in den USA gar keine Anwendung.

Ministerium: Förderung von HateAid, aber kein Einfluss

Die deutsche Justizministerin Hubig erklärte in Berlin, HateAid unterstütze Betroffene von rechtswidriger digitaler Hassrede, verbiete aber selbst keine Meinungsäußerungen. Die Organisation leiste einen wichtigen Beitrag dazu, dass Persönlichkeitsrechte auch im digitalen Raum geschützt würden. «Wer das als Zensur bezeichnet, stellt unser rechtsstaatliches System falsch dar.»

Das deutsche Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz fördert nach eigenen Angaben seit 2020 eine Beratung durch HateAid für Betroffene von digitaler Gewalt. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe Organisationen gefördert werden, treffe final der Haushaltsgesetzgeber, also der Bundestag. Das Ministerium habe auf die Geschäftsführung von HateAid keinen Einfluss.

Nouripour fordert Einbestellung des US-Geschäftsträgers

Bundestags-Vizepräsident Omid Nouripour forderte die umgehende Einbestellung des Geschäftsträgers der US-Botschaft in Deutschland, Alan Meltzer. «Hier geht es um den Schutz deutscher Staatsbürger», sagte der Grünen-Politiker. Die förmliche Einbestellung gilt als scharfes diplomatisches Mittel, mit dem die Regierung des Gastlandes eine deutliche Verstimmung signalisiert. Nachdem die US-Regierung noch keinen Botschafter für Deutschland bestellt hat, ist Meltzer oberster US-Vertreter in Berlin. 

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede nannte das Vorgehen der USA inakzeptabel. «Unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Meinungsfreiheit versucht die USA gegen Menschen und Organisationen vorzugehen, die sich für soziale Plattformen ohne Hass und Hetze einsetzen.» 

HateAid: USA stellen Europas Souveränität in Frage

Die HateAid-Geschäftsführerinnen Ballon und von Hodenberg erklärten auf dpa-Anfrage zum Einreiseverbot: «Wir sind nicht überrascht. Es ist ein Akt der Repression einer Regierung, die zunehmend Rechtsstaatlichkeit missachtet und versucht, ihre Kritiker mit aller Härte zum Schweigen zu bringen.» Die US-Regierung versuche mit allen Mitteln zu verhindern, dass sich US-Konzerne in Europa an geltendes Recht halten müssten, und stelle damit «die europäische Souveränität infrage». Damit sei eine neue Eskalationsstufe erreicht.

HateAid bietet psychologische und rechtliche Unterstützung für Menschen an, die im Internet diskriminiert, beleidigt, bedroht oder angegriffen werden. Im Oktober wurde von Hodenberg für ihre Arbeit mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet. Damals hieß es, sie habe 2018 mit der Gründung von HateAid Pionierarbeit geleistet und die erste bundesweite Beratungsstelle geschaffen, an die sich Menschen bei Fällen von Gewalt im Netz wenden können.

US-Regierung nimmt Musk-Kritiker ins Visier

Sanktionen verhängte die US-Regierung auch gegen die Gründerin des britischen Global Disinformation Index (GDI), Clare Melford, und den Gründer des in den USA und Großbritannien tätigen Center for Countering Digital Hate (CCDH), Imran Ahmed. Der Brite lebt der Organisation zufolge in Washington, ihm droht nun die Abschiebung aus den USA. Beide setzen sich gegen Hass und Desinformation im Internet ein. X-Eigentümer Elon Musk hatte das Center for Countering Digital Hate als «kriminelle Organisation» bezeichnet.

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© dpa-infocom, dpa:251223-930-463263/7
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Jahreswechsel-Interview mit Außenminister Wadephul
© Annette Riedl/dpa
Außenminister Johann Wadephul (CDU) weist Zensur-Vorwürfe der US-Regierung zurück und kritisiert die Einreiseverbote etwa gegen die HateAid-Geschäftsführerinnen, spricht sich aber zugleich für einen Dialog mit den USA aus.
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EU-Kommissar Thierry Breton
© Patrick Pleul/dpa
Auch der frühere französische EU-Kommissar Thierry Breton, der als einer der Architekten des Digital Services Act gilt, ist von den US-Einreiseverboten betroffen.
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Internationaler Frauentag
© Paul Zinken/dpa
Eine Protestaktion von HateAid vor dem Kanzleramt in Berlin.
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