Nachgefragt: Wie ist die Corona-Lage im Kreis einzuordnen?

Die Zahl der Infizierten steigt, auch im Kreis Wesel - aber woran liegt das? Wie viele Menschen sind in Quarantäne, wie sieht es in unseren Krankenhäusern aus? Und: Wie ist die Lage im Gesundheitsamt? Wir haben beim Einsatzleiter des Krisenstabs nachgefragt.

© Socrates Tassos / FUNKE Foto Services

Auch im Kreis Wesel gibt es immer mehr bestätigte Infektionen mit Covid19. Gestern (21.10.) waren es kreisweit 421 aktive Fälle, die meisten davon in Moers und Dinslaken. Laut dem Leiter des Krisenstabs - Michael Maas - ist die Zahl der aktiven Fälle nicht ausschlaggegebend. Wichtig sei, wie viele Menschen auch wirklich erkranken - also spürbare Symptome haben. Laut Maas ist die Situation hier nicht anders, als die, die auch bundesweit vom Robert-Koch-Institut angegeben wird. Demnach hat etwa jeder vierte oder fünfte Infizierte deutliche Symptome.

Steigende Fallzahlen nicht auf erhöhte Testung zurückzuführen

Dass jetzt die Zahlen der Infizierten so stark ansteigen, liegt nicht etwa daran, dass jetzt mehr getestet wird. Bundesweit ist die Anzahl der Testungen seit fast zwei Monaten auf einem konstanten Niveau. Lediglich im Vergleich zum April wird jetzt mehr getestet - mit fast dreimal so vielen Tests pro Woche. Ähnliches bestätigt auch Maas für den Kreis Wesel. Eine exakte Zahl der Tests im Kreis Wesel gibt es nicht, da das Robert-Koch-Institut direkt bei den unabhängigen Laboren anfragt. Von der Anzahl der vom Kreisgesundheitsamt in Auftrag gegeben Tests lässt sich allerdings ein Wert ableiten. Täglich komme man im Kreis Wesel auf einen "deutlich vierstelligen Bereich" der Testungen, sagt Maas.

Keine besonderen Ereignisse als Ursache für Anstieg

Aktuell (21.10.) befinden sich rund 1700 Menschen im Kreis Wesel in Quarantäne - entweder, weil sie selbst infiziert sind oder Kontakt zu einer infizierten Person hatten. Besondere Ereignisse wie etwa der Ausbruch in Fleischbetrieben im Juni hat es zuletzt nicht gegeben. Laut Maas sind jetzt vor allem private Feiern ursächlich, zum Beispiel auch im Wohnzimmer. Er betont deswegen noch einmal, dass wir folgende Regeln beachten sollen:

  • Abstand halten - mindestens 1,5 Meter
  • Hygieneregeln beachten - Hände regelmäßig waschen/desinfizieren und in die Armbeuge niesen/husten
  • Alltagsmaske tragen - auch mal Zuhause, wenn viele Menschen da sind
  • Lüften - wegen der Aerosole, über die das Coronavirus übertragen wird

Situation in Krankenhäusern relativ entspannt

Auffällig sei, dass sich inzwischen wieder mehr ältere Menschen mit dem Coronavirus infizieren. Auch die Anzahl der Menschen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, sei zuletzt gestiegen. Laut Intensivregister sind es bei uns im Kreis Wesel aktuell 11 Patienten (Stand:21.10.), die auf der Intensivstation liegen, fünf davon werden beatmet. In den Krankenhäusern im Kreis Wesel stehen insgesamt 207 Intensivbetten zur Verfügung. Etwa die Hälfte (105) davon ist aktuell belegt. Jeder zehnte Intensiv-Patient ist ein Covid19-Patient. Hier hat es einen Anstieg gegeben. Daher werde das in den nächsten Wochen genau beobachtet werden, erklärt Michael Maas.

Kreishaus Wesel, Ansicht von vorne
Kreishaus Wesel, Ansicht von vorne© Radio K.W.
Kreishaus Wesel, Ansicht von vorne
© Radio K.W.

Gesundheitsamt auch im Kreis Wesel überlastet

Der Inzidenzwert von 50 Infektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen hat einen besonderen Hintergrund. Laut Gesundheitsminister Spahn wurde dieser Wert festgelegt, da man davon ausging, dass die Gesundheitsämter bis dahin die Kontakte einer infizierten Person noch relativ gut nachvollziehen können. Inzwischen ist in vielen Städten und Kreisen der Wert überschritten - und die Gesundheitsämter sprechen von einer Überlastung. Auch im Kreis Wesel ist das ähnlich.

"Besonders ausgelastet/überlastet sind die Mitarbeitenden, die bereits seit acht Monaten dauerhaft in permanenten Stress stehen. Das sind die erfahrenen Kräfte, die wir dort haben, die so gut wie keine Auszeit nehmen konnten. Da waren Urlaube - wenn überhaupt - nur mit sehr schwierigen Vertretungslösungen möglich." - Michael Maas, Einsatzleiter des Krisenstabs Kreis Wesel

Allerdings könne man auch nicht einfach viele neue Menschen dafür einstellen. Denn für den Job seien besondere Qualifikationen nötig, erklärt Maas. Außerdem könne man sich die Kontaktverfolgung nicht wie ein Callcenter vorstellen. Stattdessen müsse auch sehr analytisch vorgegangen werden, zum Beispiel auch um mögliche Cluster zu erkennen. Diese werden zuerst bearbeitet, weil weitere Infektionen möglich sind. Bei der Erstkontaktaufnahme wird die Quarantäne ausgesprochen, auch das dürfen nur Mitarbeiter des Gesundheitsamtes. Zudem geben sie Verhaltenshinweise.

Im Interview mit Radio K.W.-Reporterin Lena Semrok erklärt Michael Maas unter anderem, wie die Kontaktnachverfolgung im Gesundheitsamt genau abläuft.

© Radio K.W.

Dieses Interview wurde am 21. Oktober 2020 aufgezeichnet.

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