Aus für den Titelmacher: Red Bull wirft Teamchef Horner raus

Christian Horner
© Bradley Collyer/PA Wire/dpa

Formel-1-Überraschung

Milton Keynes (dpa) - Mitten in der Saison beendet Max Verstappens Red-Bull-Team die Ära von Formel-1-Titelmacher Christian Horner mit einem echten Knall. Eine Affäre um unangemessenes Verhalten, die seit Monaten andauernde sportliche Krise und der drohende Verlust von Serien-Weltmeister Verstappen lieferten den Konzernbossen die Argumente für den Rauswurf des seit 20 Jahren amtierenden Teamchefs. Damit hat Horner auch den seit langem schwelenden Machtkampf bei dem Rennstall verloren, den er maßgeblich mit zur Erfolgsmaschine geformt hatte.

«Danke für alles, Christian, du wirst für immer ein wichtiger Teil der Geschichte unseres Teams sein», rief Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff dem geschassten Horner via Mitteilung hinterher. Zum Nachfolger beförderte die Konzernspitze den bisherigen Teamchef des kleinen Schwester-Rennstalls Racing Bulls, Laurent Mekies (48). Der Franzose arbeitete von 2018 bis 2023 als Sportdirektor bei Ferrari und war davor beim Weltverband Fia tätig.

Interne Affäre schwächt Horners Position

Eher schmucklos zählte die Red-Bull-Führung in der knappen Erklärung noch einmal die Erfolge auf, die unter Horners Regie seit der Übernahme des damaligen Jaguar-Teams eingefahren wurden. Die acht Fahrertitel, die Sebastian Vettel und Verstappen gemeinsam besorgten. Sechs Team-Weltmeisterschaften, die viel Geld aus dem Vermarktungstopf der Formel 1 in die Kassen spülten. 124 Rennsiege und 107 Pole Positions - Red Bull hat sich unter Horner als Branchenriese in der Königsklasse etabliert.

Doch seit geraumer Zeit war der frühere Rennfahrer nicht mehr unumstritten. Als ihm im Vorjahr eine Mitarbeiterin unangemessenes Verhalten vorwarf, wackelte Horners Stuhl schon gewaltig. Sogar Verstappens Vater Jos stellte sich öffentlich gegen den Teamchef. Nur mithilfe der thailändischen Red-Bull-Mehrheitseigentümer rettete Horner seinen Job, nachdem eine interne Untersuchung ihn von den Vorwürfen freigesprochen hatte.

Der Wechsel von mehreren Schlüsselfiguren wie der von Design-Genie Adrian Newey zu Aston Martin wurde vom sportlichen Abschwung bei Red Bull begleitet. Seit 2006 hatte Newey die Autos entworfen, er gilt als Bester seines Fachs. Bereits in der zweiten Hälfte der Vorsaison lief es bei Red Bull nicht mehr nach Wunsch, nur mit Mühe holte sich Verstappen seinen vierten Titel in Serie.

Sportliche Krise ärgert Verstappen

In diesem Jahr flucht Verstappen immer wieder über seinen Dienstwagen. Dank seines Ausnahmetalents gelangen ihm zwar zwei Siege in den bisherigen zwölf Rennen. Doch zumeist ist der 27-Jährige chancenlos gegen die McLaren von WM-Spitzenreiter Oscar Piastri und Lando Norris. In der Gesamtwertung liegt Verstappen als Dritter 69 Punkte hinter Piastri. Bei den Konstrukteuren ist Red Bull sogar auf Platz vier hinter McLaren, Ferrari und Mercedes abgerutscht. 

Das befeuerte in den vergangenen Wochen auch die Wechselgerüchte um Verstappen. Eine Klausel soll dem Titelverteidiger den Ausstieg aus seinem bis Ende 2028 gültigen Vertrag ermöglichen. Mercedes gilt als sehr interessiert. Auch Aston Martin wird als mögliches Ziel genannt.

Zudem hieß es zuletzt, Red Bull sei bei der Entwicklung des neuen Autors und des Motors für die kommende Saison noch nicht so weit wie die Konkurrenz. Von 2026 an greift ein stark reformiertes Regelwerk. Das könnte die Hackordnung in der Formel 1 deutlich verändern. Bei Red Bull und wohl auch auf der Verstappen-Seite war nun offenbar das Vertrauen, dass Horner den Umbruch erfolgreich moderiert, nicht mehr ausreichend vorhanden.

Machtkampf mit Mateschitz-Vertrauten 

So manchem auch im Verstappen-Camp war die zuletzt immer weiter gewachsene Machtfülle Horners wohl nicht recht. Der Brite führte als Teamchef auch die Technik- und Motorenabteilung, war zudem verantwortlich für das Marketing. Von seiner Macht wollte Horner auch nichts an einen möglichen Partner Porsche abgeben, der geplante Deal mit dem Autobauer platzte.

Der Ehemann des ehemaligen Spice Girls Geri Halliwell und Trauzeuge des einstigen Formel-1-Bosses Bernie Ecclestone war zwischenzeitlich sogar als neuer Geschäftsführer der Rennserie gehandelt worden. Auch die Titelpause zwischen Vettels viertem Triumph 2013 und Verstappens kontroversem WM-Sieg 2021 in Abu Dhabi überstand Horner im Amt, das er als 31-Jähriger und damit jüngster Teamchef der Formel 1 übernommen hatte.

Nun aber haben sich seine Gegner auf der Seite der Erben des im Herbst 2022 gestorbenen Red-Bull-Mitgründers Dietrich Mateschitz durchgesetzt. Den langjährigen Mateschitz-Vertrauten und Verstappen-Förderer Helmut Marko (82) wollte Horner wohl schon in der Vorsaison loswerden. Jetzt geht Marko mithilfe von Konzern-Geschäftsführer Mintzlaff etwas verspätet doch noch als Sieger aus dem Machtgerangel hervor. Horner soll sich laut «Bild» schon bei den Mitarbeitern der Rennfabrik in Milton Keynes verabschiedet haben.

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Formel 1 - Vor dem Großen Preis von Großbritannien
Um Serien-Weltmeister Max Verstappen (M) rankten sich zuletzt Wechsel-Spekulationen.© David Davies/PA Wire/dpa
Um Serien-Weltmeister Max Verstappen (M) rankten sich zuletzt Wechsel-Spekulationen.
© David Davies/PA Wire/dpa
Helmut Marko
Red-Bull-Berater Helmut Marko gehörte angeblich zu den internen Gegnern von Teamchef Christian Horner.© Erwin Scheriau/APA/dpa
Red-Bull-Berater Helmut Marko gehörte angeblich zu den internen Gegnern von Teamchef Christian Horner.
© Erwin Scheriau/APA/dpa

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